Neue Sozialversicherungsausweise für Tibeter fördern die Kontrolle durch Peking

Die chinesischen Behörden in Tibet betreiben mit Nachdruck die Ausgabe der umstrittenen Sozialversicherungsausweise. Menschenrechtsgruppen befürchten, daß der eigentliche Zweck der neuen Karten eine verschärfte Kontrolle über das tibetische Volk ist.

Die Karten ermöglichen den Zugang zu einer ganzen Bandbreite von sozialen Dienstleistungen wie Bankdienste, Sozialhilfe und Krankenversicherung. Sie sind nach Aussage der International Campaign for Tibet an ein soziales Kreditsystem gebunden, das die Leistungen für Tibeter, deren Loyalität der chinesischen Regierung gegenüber Defizite aufweist, geringer ausfallen läßt (1).

„Die Einführung der Karten zeigt, wie die chinesische Regierung persönliche Informationen als ein Mittel zur sozialen Kontrolle verwendet“, heißt es bei ICT. „Im heutigen Tibet kann sogar ein gemäßigter und zurückhaltender Ausdruck tibetischer nationaler Identität, Religion und Kultur als ‚spalterisch’ und damit als ‚kriminell’ eingestuft werden“.

Die auf den Karten, die die meisten der bereits in Gebrauch befindlichen separaten Karten ersetzen, gespeicherten elektronischen Daten könnten zur Kontrolle verwendet werden, um „die Leute direkt zu bestrafen, etwa mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes oder ihrer Rente oder noch schlimmer mit Inhaftierung und Folter“, sagt ICT.

Ehemalige politische Gefangene und Personen, die im Verdacht stehen, dem Dalai Lama die Treue zu halten, werden wahrscheinlich einer besonders genauen Überprüfung unterzogen.

ICT, die sich auf chinesische Medienberichte beruft, erklärte, daß bereits 2,7 Millionen der neuen Karten in der Autonomen Region Tibet (TAR) verteilt worden seien, wobei bis Ende des Jahres insgesamt drei Millionen ausgegeben werden sollen.

„Das neue System, bei dem nach Angabe der Behörden jede Person in der TAR nur eine Karte haben wird, sowie die Einführung des sozialen Kreditsystems werden das flächendeckende System des ‚Netzmanagements’ (das ‚Eiserne Netz’) in der TAR noch effektiver machen“.

John Jones, der Kampagnenreferent von Free Tibet in London, fügte hinzu, die Karten seien schon früher probeweise in eingeschränkten Gebieten Tibets eingeführt worden, „beginnend mit der Präfektur Nyinchi 2017, und dann in anderen Gegenden wie Lhasa und später auch in Osttibet“.

„Diese Karten sind zwar für das tägliche Leben praktisch, etwa für den Zugang zu den Gesundheitseinrichtungen“ erklärte Free Tibet im April (2). „Doch es bleibt zu befürchten, daß sie zum Zweck der Aufspürung von Personen dienen und auch leicht verwendet werden könnten, um jemandem als Strafe für ein von der KPC nicht gebilligtes Verhalten die Sozialleistungen und den Zugang zu Dienstleistungen zu entziehen“.

(1) New ‘social security’ cards in Tibet expand China’s control over Tibetans’ lives, 21.8.19
(2) New Tibetan social security cards prompt surveillance fears, 26.4.19,

Quelle: Radio Free Asia, www.rfa.org
Übersetzung: Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), www.igfm-muenchen.de