Im Frühjahr 1912 gab es nur noch eine kleine chinesische Garnison in Lhasa. Der Dalai Lama kehrte zurück und zog im Juni 1912 in Lhasa ein. Nach Vertreibung der letzten mandschu-chinesischen Truppen aus Lhasa Anfang Januar 1913 proklamierte der Dalai Lama am 14. Februar 1913 feierlich die staatliche Unabhängigkeit Tibets:[11] „Tibet would be ruled without any outside interference“[12]. Hierbei wurden auch die äußeren Symbole wie Flagge und Hymne festgelegt. In Tibet entwickelte sich somit ein nun von China unabhängiger Staat mit eigener Armee, Regierung und Währung, der über vier Jahrzehnte Bestand hatte. Zur gleichen Zeit wurde ein (später angezweifelter) Freundschaftsvertrag mit der Mongolei unterzeichnet, die ebenfalls gerade die Unabhängigkeit erklärt hatte.

China unternahm keine ernsthaften Versuche, die tibetische Unabhängigkeit abzuwehren oder einen Anspruch auf Tibet durchzusetzen, noch war es in der Lage, eine Regierungsgewalt in Tibet auszuüben. Die Gründe dafür mögen auch unter anderem darin zu finden sein, dass China während der auf die Revolutionswirren folgenden Zeit der Warlords und der 1920er und 1930er Jahre durch den Bürgerkrieg zwischen den Kriegsparteien aufgespalten und durch den folgenden Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg erheblich geschwächt war. Chinesische Ansprüche repräsentierten sich lediglich in gelegentlichen lautstarken Äußerungen[13] bzw. öffentlichem Auftreten, wie einer vom rechten Kuomintang-General Huang Musong angeführten Kondolenzmission nach Lhasa, die anlässlich des Todes des 13. Dalai Lama stattfand.

Der nach der Kapitulation Japans 1945 in China fortgesetzte Bürgerkrieg verursachte in Tibet Besorgnis. Als Reaktion darauf wurden alle chinesischen Beamten des Landes verwiesen und die eigene Armee aufgerüstet. Ein Appell an die Regierungen Großbritanniens, Indiens und der USA im Jahr 1949 blieb ohne Erfolg, so dass Tibet politisch isoliert blieb.