25. Jahrestag seines Verschwindens

Gedhun Choekyi Nyima war gerade einmal sechs Jahre alt, als er 1995 als 11. Panchen Lama der Gelugpa Tradition des tibetischen Buddhismus anerkannt und drei Tage darauf gemeinsam mit seiner gesamten Familie von der chinesischen Regierung entführt wurde. Seitdem hat ihn niemand mehr zu Gesicht bekommen.

Was geschah mit Gedhun Choekyi Nyima?

Im Januar 1989 verstarb der politisch sehr aktive 10. Panchen Lama und Abt des traditionellen Sitzes der Panchen Lamas, dem Kloster Tashi Lhunpo, unter mysteriösen Umständen in Shigatse, Zentral Tibet. Anfragen des 14. Dalai Lama an die chinesische Regierung, sich an der Auffindung der Reinkarnation des Panchen Lama beteiligen zu können und eine Delegation nach Tibet schicken zu dürfen, blieben erfolglos. So mussten sich die verantwortlichen Lamas in Tibet alleine auf die Suche machen.

Nachdem dem Dalai Lama 1995 die in Frage kommenden Kandidaten vorgestellt worden waren, wurde der sechsjährige Gedhun Choekyi Nyima aus Nagchu am 14. Mai 1995 von Seiner Heiligkeit offiziell als 11. Panchen Lama anerkannt. Nur drei Tage später, am 17. Mai 1995, verschwand der zweithöchste Lama des tibetischen Buddhismus spurlos, ebenso wie seine Familie. Bis jetzt hat niemand erfahren, was aus dem heute 31-Jährigen geworden ist.

Die chinesische Regierung ernannte in der Folge einen eigenen Panchen Lama, den damals ebenfalls sechsjährigen und aus Nagchu stammenden Gyaltsen Norbu. Dem traditionsverbundenen Kloster Tashi Lhunpo wurde ein regimetreuer Abt vorgesetzt. Von den Tibetern werden weder der chinesische Panchen Lama noch sonstige von China ernannte Würdenträger anerkannt.

Die Rolle des Panchen Lama für Tibet

Der Panchen Lama ist nach dem im indischen Exil lebenden Dalai Lama die höchste Autorität der Gelugpa Buddhisten, welche die Mehrzahl der Tibeter ausmachen. Zwischen den beiden religiösen Anführern besteht eine enge Verbindung, eine wechselseitige Schüler-Lehrer-Beziehung. Sie sind nach dem Tod des einen jeweils für die Suche nach der Reinkarnation des anderen verantwortlich und werden auch als „Sonne und Mond“ am tibetischen Firmament bezeichnet.

Das Wort „Panchen“ kommt von dem Sanskrittitel „Pandit“, welches für einen hohen religiösen Gelehrten steht, und dem tibetischen „chen po“, was „groß“ heißt. Panchen bedeutet folglich nichts anderes als „großer Gelehrter“. Der Sitz der Panchen Lamas, das Kloster Tashi Lhunpo wurde 1447 vom 1. Dalai Lama Gedun Drupa gegründet, dessen erster Abt er war. Seine Nachfolger als Abt wurden stets aufgrund ihrer großen Gelehrtheit bestimmt, weshalb Lobsang Choekyi Gyaltsen sowie rückwirkend auch seinen drei Vorgängern der Titel „Panchen Lama“ verliehen wurde.

Die Panchen Lamas sind nicht nur religiös von großer Bedeutung für die Tibeter, auch auf sozio-ökonomischer, kultureller und politischer Ebene spielen sie eine dominante Rolle.

Welche Interessen verfolgt China?

Für China ist die Entführung des Panchen Lama eine Art Test für die Zeit nach dem Tod des heute 84-jährigen 14. Dalai Lama. Auch für diesen wird die chinesische Regierung einen Gegenkandidaten aufstellen, weshalb der Dalai Lama nicht oder auf jeden Fall nicht in China wiedergeboren werden möchte. Der Panchen Lama ist für die Suche nach dem neuen Dalai Lama zuständig. China hat gelernt, dass das Tibetische Volk aufgezwungene Führungspersönlichkeiten nicht anerkennt.

China hat aber auch die Erfahrung gemacht, dass es möglich ist, ein Kind mitsamt seiner Familie zu entführen, ohne international besondere Folgen fürchten zu müssen. Besonders in der Zeit nach dem Verschwinden des Jungen wurden immer wieder Resolutionen und Appelle an die Volksrepublik gerichtet, diesen freizulassen oder zumindest seinen Aufenthaltsort und Beweise für sein Wohlergehen vorzulegen. Der Handel mit China blühte unterdessen weiter. Grobe Menschenrechtsverletzungen waren noch nie ein Hinderungsgrund, gute Geschäfte zu machen. Leider haben 25 Jahre später selbst diese geringen Formen des Protests deutlich nachgelassen. Gedhun Choekyi Nyima ist beinahe in Vergessenheit geraten.

Freiheit für Gedhun Choekyi Nyima

Um dem Vergessen etwas entgegenzusetzen, bemühen sich Hilfsorganisationen weltweit darum, zum Jahrestag der Entführung an den Panchen Lama und sein Schicksal zu erinnern. Dies geschieht in Form von Briefen an die jeweiligen Regierungen, Plakataktionen und Informationskampagnen. So soll die Weltöffentlichkeit wieder auf den vermutlich längsten politischen Gefangenen der Geschichte, über dessen Aufenthaltsort nach wie vor nichts bekannt ist, aufmerksam gemacht werden.

Die chinesische Regierung behauptet indes weiterhin, der junge Mann führe ein normales Leben, sei zur Schule gegangen und mit dem Abschirmen folge man lediglich den Wünschen der Familie.

Wir fordern deshalb weiterhin vehement Beweise für das Wohlergehen des Panchen Lama und seine Freilassung!

Unterzeichnen auch Sie die Petition – freepanchenlama.org

TIBET TV – Story of Panchen Lama in 25 Words